MISSIONARSSTELLUNG

oder so

 

Vor einigen Tagen gab es mit einem Herrn eine angeregte – oder von seiner Seite eher - aufgeregte Diskussion darüber, wie die Menschen in meinem Wahl-Heimat-Bundesland endlich zu Veränderung gebracht werden müssten, damit für sie alles besser werde.


Mein Gesprächspartner war sichtlich frustriert darüber, dass alle seine Versuche, zum Wohle der Menschen hier, aufklärend und erklärend tätig zu werden, nicht angenommen würden. Im Laufe unseres Gespräches wurde er immer wütender, dass die Menschen in diesem Bundesland doch tatsächlich kein Interesse an seiner missionarischen Wortgewalt hätten, also völlig „beratungsresistent“ seien.

 

Auf meine Frage hin, worin sich seine Stellung als offensichtlicher Missionar – (stammt von lateinisch „missio“ Sendung, Entsendung) also Gesandter – begründe wurde er erst richtig zornig, wie ich denn meinen könnte, dass nicht alle Menschen seine Sicht von Produktivität, Qualität und Lebensqualität anstreben und teilen könnten. Er wisse doch, was für die Menschen hier gut sei.

Man müsste doch nur auf ihn hören!

 

Dieses Beispiel zeigte mir wieder einmal, wie eng verwandt Ohnmacht und missionarischer Eifer sind.

 

Das Gegenteil von „gut“ ist ja bekanntlich „gut gemeint“. Wie oft „meinen wir es anderen gut?“ Wie oft sind wir anmaßend und glauben zu wissen, was „gut“ für unsere Kinder, Eltern, Großeltern, Freunde und Kollegen ist? Wir sind dann ganz überrascht, dass der von unserem Gut-Meinen Getroffene nicht sofort in Lobeshymnen und Dankbarkeit für uns verfällt und sofort alles, was wir geraten haben umsetzt. Der will doch tatsächlich selbst entscheiden!

 

Wenn Menschen leiden, sind wir häufig schnell mit unseren Ratschlägen und Urteilen zur Stelle und vergessen darüber hinzuhören und zu fragen, was unser Gegenüber wirklich von UNS braucht. Oft sind es ein offenes Ohr und ein offenes Herz, denn Experten für ihre Probleme sind sie selbst.

 

Ich lade Sie wieder einmal zu einem Experiment ein: Das nächste Mal, wenn ein Gesprächspartner Ihnen Sorgen und Probleme erzählt hören Sie einfach zu und versuchen Sie nur zu verstehen, wie Ihr Gegenüber sich FÜHLT. Wenn Sie meinen, etwas sagen zu müssen, dann nicht mehr als:

 

„Bist du …… (und dann das Gefühl: traurig, wütend, frustriert, glücklich…..)?“

 

Sie werden überrascht sein, wie dieses Zuhören und Mit-FÜHLEN Ihrem Gegenüber guttut, dass es Ihm schon Erleichterung schafft, wenn Sie seine Gefühle würdigen und anerkennen. Meistens reicht das schon.

 

Wenn Sie gefragt werden, dürfen Sie selbstverständlich Ihre unendliche Weisheit teilen. Sie können Ihren Gesprächspartner auch fragen, ob er oder sie Ihre Meinung oder Ihre Vorschläge dazu hören will.

 

Auch das bringt eine andere Qualität des Gespräches.

Es bedarf aber auch eines großen Ausmaßes an Zurückhaltung von Ihrer Seite zu akzeptieren, dass jeder Mensch seinen Weg selbst gehen muss und darf – auf seine Art.

Viel Spaß beim Ausprobieren und trainieren

Es grüßt Sie herzlich Ihre

 

Anita Molzbichler

 

 

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